Bündnis 90 / die Grünen
Die unbefriedigende Situation in der Kinderbetreuung bezüglich der Betreuungszeiten in Ostfildern ist allgemein bekannt. Die Einrichtungen sind oft unterbesetzt und wenn in der Situation durch einen kurzfristigen Krankheitsausfall oder eine Kündigung noch eine Betreuerin wegbricht, ist die Stadt gezwungen das Angebot kurzfristig zu reduzieren.
So auch seit Mai auf Grund des extremen Personalmangels in der Kita Kunterbunt. In dieser Einrichtung können nur noch 30 Wochenstunden betreut werden egal welche Optionen auf 35, 40 oder 45 Stunden vorher gebucht waren, diese können personell nicht mehr gewährleistet werden. Für Eltern bedeutet dies oft eine berufliche Katastrophe. Der Unmut war durch die Demonstration Kitastrophe vor einigen Wochen auch öffentlich sichtbar.
Die weggebrochenen Betreuungsstunden können kurzfristig von Eltern oft nur durch Minusstunden auf der Arbeit oder Urlaubstagen aufgefangen werden und sind diese verbraucht, wissen viele berufstätige Eltern nicht wie sie verkürzte Betreuung und Beruf unter einen Hut bringen sollen. Diese Eltern fordern zu Recht dazu auf alles mögliche Seitens der Stadt zu tun um sie in der Situation zu unterstützen und dabei auch neue Wege zu gehen. Ein solcher Versuch liegt uns in der Vorlage vor, in der nach dem in Offenburg getesteten Modell, eine ergänzende „Spielzeit“ angeboten werden soll.
Eine Spielzeit ist dabei nicht vergleichbar mit einer pädagogischen Betreuung durch ausgebildete Erzieher:innen. Da diese kurzfristig jedoch nicht zu bekommen sind, soll die Spielzeitbetreuung durch Fachfremdes Personal angeboten werden. Wichtig ist, dass das Angebot einer ergänzenden Spielzeit, nicht verpflichtend ist sondern Eltern, die dieses Wünschen, das neue Angebot direkt mit dem Anbieter Malteser annehmen können.
Auch wichtig für uns ist, dass dieses Pilotprojekt mit den Mitarbeitenden der Einrichtung abgesprochen und abgestimmt ist, so dass diese auch mit im Boot sind. Klar ist auch, dass die Stadtverwaltung in dieser Situation alles unternehmen sollte um die Situation für die Eltern zu verbessern und wir im Gemeinderat werden dies unterstützen.
Die aktuelle verzweifelte Situation der Eltern in der Einrichtung Kunterbunt macht es nötig auch andere Wege zu gehen. Daher stimmen wir der Vorlage mit dem Pilot einer Spielzeit als Zusatzangebot zu, hoffen, dass dieses Erfolg hat und die Eltern so um eine akute Sorge erleichtert werden können.
CDU Ostfildern
Fast auf den Tag genau vor einem Jahr hatte die CDU-Fraktion einen Antrag eingebracht, bei dem es darum ging, bei der Suche nach Wegen aus der Fachkräftekrise auch mal über Teller- bzw. Ortsrand zu schauen und nach kreativen Lösungen zu schauen, mit denen man besonders in krassen Mangelsituationen kurzfristig Abhilfe schaffen kann. Wir hatten damals ausdrücklich u.a. auf das Offenburger Modell und die von den Maltesern betreute Spielzeit hingewiesen.
Insofern freut es uns sehr, dass die Stadtverwaltung es innerhalb eines Jahres offenbar geschafft hat, alle offenen Fragen zu klären, die Malteser ins Boot zu holen und nun auch in Ostfildern ein Pilotprojekt startet, bei dem die Malteser eine betreute Spielzeit ausrichten. Wir begrüßen auch den Ort für das Pilotprojekt. Zwar ist die Not überall groß, aber ich denke, wir sind uns hier alle einig, dass die Kita Kunterbunt in besonderem Maß betroffen ist.
Ich sage bewusst nicht: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Denn „gut“ ist es noch lange nicht. Die Betreuungskrise ist noch lange nicht vorbei und dieses Pilotprojekt kann nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein, der in besonders prekären Situationen hilft.
Wir halten daran fest, dass für eine qualitativ hochwertige pädagogische Betreuung qualifizierte Fachkräfte unabdingbar sind. Wir appellieren deshalb an die Stadtverwaltung von nun an weiter über den Tellerrand zu schauen und kreative Wege zu gehen, um neue Fachkräfte zu finden und dann auch zu binden.
Wir hatten in diesem Zusammenhang in unserem damaligen Antrag auch auf weitere Modelle in anderen Städten hingewiesen und ich hoffe sehr, dass das Malteser Pilotprojekt keinen Abschlusspunkt darstellt, sondern einen Auftakt, dem bald weitere kreative Maßnahmen folgen.
Freie Wähler Ostfildern
Unser Problem mit fehlenden Kitaplätzen und einem zunehmenden Personalmangel ist nicht neu und beschäftigt uns seit Jahren. Und seit vielen Jahren mahnen wir Freie Wähler bereits an, dass wir umdenken müssen, uns für neue Konzepte öffnen müssen und auch zusätzliche Betreuungskräfte in diese Gesamtaufgabe einbinden müssen. Lange gab es für diese Forderungen kein wirkliches Gehör. Stets wurde der hohe Qualitätsstandard betont sowie die Wertschätzung unserer Fachkräfte. Ja, es ist ein Spagat, wir schätzen natürlich die Arbeit der Fachkräfte mit ihrer Qualifikation und wir brauchen sie; andererseits nimmt aber der Frust bis hin zur Verzweiflung bei den Eltern so zu, dass sich alle gemeinsam für neue Wege öffnen müssen, ohne dabei das Gefühl zu haben, deshalb nun weniger wertgeschätzt zu werden.
Mit dem Offenburger Modell hat man genau diese Richtung eingeschlagen: Während die Einrichtung weiterhin ihren pädagogischen Kernaufgaben mit ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag am Vormittag nachkommt, ist die Spiel- und Betreuungszeit durch Mitarbeiter der Malteser am Nachmittag abgesichert und ermöglicht so in Kitas mit hohem Personalengpass die ganztägige Betreuung.
Diese Spielzeitbetreuer werden sorgsam von den Maltesern ausgewählt als lebenserfahrene und geeignete Personen und von einer pädagogischen Leitung begleitet.
Dass dieses Pilotprojekt in der Kita Kunterbunt in Nellingen startet, macht angesichts der großen Notlage dort absolut Sinn. Es freut uns sehr, dass dieses Angebot von den Erzieherinnen und Eltern dort wohlwollend aufgenommen wird, was für die Akzeptanz wichtig ist. Die Malteser leisten hier einen gesamtgesellschaftlichen Beitrag und die Grundidee, weitere Vereine und Institutionen in die Betreuung einzubinden, wird sicher künftig der richtige und schlicht notwendige Weg sein. Solange wir dringend notwendige Kitaplätze aufgrund von fehlendem Personal nicht besetzen können und Eltern um ihre Jobs bangen durch eingeschränkte Betreuungszeiten, solange müssen wir kreativ sein nach allen Seiten.
Wir Freien Wähler begrüßen diese längst überfällige Initiative und werden uns auch weiterhin für solch kreative Zusatzkonzepte stark machen.
die Linke Ostfildern
Eine Bertelsmann-Studie aus dem Jahr 2023 hat ergeben, dass in Baden-Württemberg mehr als 59.000 Kita-Plätze fehlen und es über 18.000 Erzieher*innen bräuchte, um diesen Bedarf abzudecken.
Das große Problem ist aber, daß der erhebliche Bedarf und das minimale Vorhandensein von zusätzlichen Erzieher*innen so stark auseinanderklaffen, daß alternative Wege gesucht und begangen werden müssen, um Familien eine zuverlässige Betreuung ihrer Kinder anbieten zu können.
Wer könnte es sich heute noch leisten, als Familie mit nur einem Gehalt gut leben zu können – falls ein Elternteil von sich aus zu Hause bleiben und sich der Erziehung widmen wollte? Die Lebenshaltungskosten: Lebensmittel, Kleidung, Miete oder Kreditraten für Wohneigentum, Inflation usw. verschlingen meistens schon ein Gehalt.
Das „Offenburger Modell“ bietet hier relativ kurzfristig eine Lösung an: Für Kinder über drei Jahre wird täglich eine Haupt-Betreuung durch Fachkräfte plus eine Spiel-/Betreuungszeit bis zu zwei Stunden durch von den Maltesern angestellte und geschulte Personen angeboten.
Die Linke wird dem Vorschlag der Verwaltung zu diesem Pilotprojekt zustimmen, sieht aber den Bund und die Länder in der Pflicht, den Beruf als Erzieher*in durch eine allgemeine Höhergruppierung der Gehälter attraktiver zu machen. Mehr Ausbildungsplätze in den Einrichtungen sollten fachlich durch eine zusätzliche Stelle „Ausbildungskoordination“ (ohne Anrechnung auf den Betreuungsschlüssel) unterstützt werden. Außerdem ist es nötig, die Tagesbetreuung in geeigneten anderen Räumen intensiver zu fördern und mehr in städtische Planungen einzubeziehen.
SPD Ostfildern
In vielen Ostfilderner Einrichtungen fehlen viele Erzieherinnen und Erzieher. Besonders dramatisch ist dies seit Anfang des Jahres in einer städtischen Kita im Stadtteil Nellingen. Der Notstand ging bekanntlich soweit, dass der Ganztagesbetrieb eingestellt wurde, tageweise kaum Betreuung angeboten werden konnte und berufstätige Eltern verzweifelt vor sehr große organisatorische Probleme standen und stehen.
Engagierte Eltern riefen nicht nur zu Demonstrationen auf, recherchierten Betreuungsmodelle und informierten über die Lage, sondern suchten auch nach kurz und mittelfristig umsetzbaren Interimslösungen, die sie seit März im Dialog der Einrichtung mit der Stadtverwaltung umzusetzen suchen.
Einer dieser Lösungsansätze auf der Homepage der Kitastrophe Ostfildern ist das „Offenburger Modell“, das auch bereits mehrfach im Gremium angesprochen wurde.
In Offenburg wird seit Anfang 2023 erstmals eine Spiel und Betreuungszeit durch einen freien Träger in der Einrichtung im Anschluss an die Kitazeit angeboten. Die Pilot-Projektphase wurde in Offenburg evaluiert und seit diesem Jahr läuft nun diese Betreuungszeit im Regelbetrieb an mehreren Offenburger Kitas. Der freie Träger ist der Malteser Verband, der nun auch in Ostfildern mit dem Verband Nürtingen Kooperationspartner ist. Auch in Nürtingen wird bereits in einer Kita die Spielzeit angeboten.
Der Fachkräftemangel ist kein Ostfildern, sondern ein landesweites Problem. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung fehlen allein in BW fast 15.000 Fachkräfte für die Betreuung von Kindern in Kitas; dieser Notstand wird sich angesichts des demographischen Wandels noch verstärken. Die Bertelsmann Stiftung schlägt eine Reduzierung der Öffnungszeiten vor, um Fachkräfte verlässlicher einzusetzen und mehr Kitaplätze zu gewinnen. Diese Absicht konnte mit der Reduzierung der Betreuungszeit auf 40 Stunden in Ostfildern leider nicht nicht umgesetzt werden.
Die SPD tritt für eine gute frühkindlichen Bildung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Aus diesem Grund steht die SPD Fraktion zu pragmatische Lösungen, wie sie in der vorgestellten Spiel und Betreuungszeit zu sehen ist. Und für Modelle des Erprobungsparagraphen, der unterschiedliche Mitarbeiterinnen und flexible Gruppensituationen ermöglicht, wie wir es in Anträgen bereits einforderten.
Auch in einigen skandinavischen Ländern gibt es diese Modelle: Fachkräfte übernehmen die Pädagogischen Kernaufgaben und den Erziehungs- und Bildungsauftrag in der Kindertagesstätte. Eine Spiel- und Betreuungszeit ist davon getrennt und findet im Anschluss an diese Einheit von geeigneten geschulten Mitarbeitenden statt.
Genau dieser Ansatz ist nun im ergänzenden Betreuungskonzept der Malteser enthalten: freies Spiel, Outdoor Aktivitäten, Kreatives und Vorlesen übernehmen die angeleiteten, geschulten geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit den Erzieherinnen und Erziehern kooperieren Und beispielsweise auch über ein Übergabebuch kommunizieren.
Jetzt gab es skeptische Stimmen aus dem Gremium und sicher auch unter den Erzieherinnen und Erzieher. Dies können wir verstehen, da sich die Qualität der Betreuung auch in einer Spielezeit durch angeleitete Kräfte sicher von der der professionellen Fachkräfte unterscheidet und unterschiedliche Erwartungen und Auffassungen über die Arbeit mit Kindern aufeinandertreffen können. Sicher wünschen wir uns alle, dass ein Ganztag mit professionellen Kräften betreut werden kann. Dies ist jedoch leider derzeit realitätsfern und von daher halten wir das Pilotprojekt für einen wichtigen neuen Baustein in der Betreuungslandschaft, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen und zu sichern.
Wir vertrauen nun darauf, dass es erstens eine professionelle Schulung und Anleitung durch Fachkräfte der Malteser stattfinden wird, zweitens die Elternschaft in der Nellinger Kita Kunterbunt sich stark für eine Spielzeit für dieses Modell engagiert und drittens die Fachkräfte der Piloteinrichtung dieses Modell mittragen werden.
Bis zum Beginn des Pilotprojekts sollten noch alle weiteren rechtlichen Fragen geklärt werden.Wir stimmen einer Pilotphase sowie den überplanmäßigen Ausgaben für dieses Modell gerne zu.