Änderungsantrag scheitert – Vorlage der Verwaltung bei Stimmengleichheit abgelehnt
Ostfildern – Der Betrieb des Hallenbads Nellingen bleibt weiterhin ein politisches Streitthema. In der jüngsten Gemeinderatssitzung stand die Vorlage der Stadtwerke Ostfildern (SWO) zur Anpassung der Betriebskonzeption auf der Tagesordnung. Ziel war es, das jährliche Defizit des städtischen Bades von rund 453.000 Euro deutlich zu senken. Nach intensiver Diskussion lehnte der Gemeinderat die Verwaltungsvorlage bei Stimmengleichheit (12:12) ab. Ein von Teilen der SPD-Fraktion eingebrachter Änderungsantrag, der eine Ausweitung der öffentlichen Badezeiten auf 25 Wochenstunden vorsah, wurde ebenfalls abgelehnt (11 Ja-, 13 Nein-Stimmen).
Das Hallenbad Nellingen ist das letzte in städtischer Trägerschaft. Um die jährliche Kostenunterdeckung zu verringern, sah das Konzept unter anderem eine Reduzierung der öffentlichen Öffnungszeiten von derzeit rund 36 auf künftig 20 Stunden pro Woche vor. Gleichzeitig sollte die Nutzung durch Schulen, Vereine und Kurse ausgeweitet werden. Während einige Fraktionen den Ansatz zur Haushaltskonsolidierung befürworteten, warnten andere vor einer faktischen Einschränkung des öffentlichen Schwimmbetriebs.
SPD: Einig in der Kritik an Kürzungen
Innerhalb der SPD besteht Einigkeit darüber, dass die geplante Reduzierung der öffentlichen Badezeiten auf 20 Stunden pro Woche zu weit geht. Ünal Yalcin und Stefanie Sekler-Dengler brachten gemeinsam einen Änderungsantrag ein, der eine Ausweitung auf 25 Stunden vorsah – auch mit Öffnungszeiten unter der Woche. Yalcin betonte, das hohe Defizit müsse zwar reduziert, dabei aber „mit Maß und Mitte“ gehandelt werden. Das Hallenbad sei nicht nur ein Ort der Bewegung, sondern auch der Begegnung, besonders für Seniorinnen, Berufstätige und Familien.
Martina Sandhorst-Schäfer (SPD) unterstützte inhaltlich die Kritik an der Kürzung und verwies auf die Bedeutung des Hallenbads als letzte städtische Schwimmstätte. Sie erinnerte daran, dass in Ostfildern bereits zwei Hallenbäder geschlossen wurden und das Nellinger Bad für eine Stadt mit rund 40.000 Einwohnerinnen und Einwohnern unverzichtbar sei. Schwimmen sei Gesundheitsförderung und Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Freie Wähler: Schrittweise Umsetzung notwendig
Die Freien Wähler stellten klar, dass ein Defizit bei einem Hallenbad unvermeidbar sei, da es sich um eine freiwillige Leistung der Stadt handle, die jedoch vielen Bürgerinnen und Bürgern zugutekomme. Angesichts der angespannten Haushaltslage sei es legitim, nach Einsparmöglichkeiten zu suchen. Wichtig sei, dass der Schwimmbetrieb für die Öffentlichkeit – wenn auch reduziert – erhalten bleibe. Die Fraktion sprach sich für eine schrittweise Umsetzung des Konzepts aus und betonte, dass die geplanten Vermietungen und Personalreduktionen sorgfältig begleitet werden müssten, um keine Folgekosten zu verursachen.
CDU-Fraktion: Erhalt des Hallenbads hat Priorität
Die CDU-Fraktion bezeichnete das Hallenbad als „mehr als nice to have“. Schwimmen sei eine grundlegende Fähigkeit, die Gesundheit, Sicherheit und Gemeinschaft fördere. Das Konzept der Stadtwerke sei ein richtiger Schritt, um das Bad zu erhalten und zugleich das Defizit zu senken. Die Verschiebung der Nutzungszeiten zugunsten von Schul- und Vereinsschwimmen bezeichnete Prof. Dr. Ulrike Berger-Kögler als „notwendige Maßnahme mit Augenmaß“. Der öffentliche Badebetrieb bleibe zwar eingeschränkt, aber weiterhin möglich.
Bündnis 90/Die Grünen: Konzept zu optimistisch kalkuliert
Die Grünen stellten die wirtschaftlichen Annahmen der Vorlage in Frage. „Viele Berechnungen sind zu optimistisch“, erklärte Anja Raatzsch. Einnahmen aus Vermietungen und Schulschwimmen seien unrealistisch hoch angesetzt, was zu einer Verschiebung der Kosten innerhalb des städtischen Haushalts führe. Die Fraktion betonte die Bedeutung des Hallenbads als Ort der Bewegung, Begegnung und Gesundheitsförderung – besonders für Kinder, Jugendliche und ältere Menschen. Öffnungszeiten nur am Wochenende reichten nicht aus. Ziel müsse ein zukunftsfähiges Bad mit fairen Bedingungen für Personal und Nutzerinnen bleiben.
FDP-Fraktion: Kürzung käme faktisch einer Schließung gleich
Für die FDP-Fraktion kritisierte Joachim Werner, dass die geplante Reduzierung der öffentlichen Schwimmzeiten einer „faktischen Schließung“ gleichkomme. Eine Stadt mit 40.000 Einwohnern müsse sich ein Hallenbad leisten können. Statt Kürzungen brauche es mehr Werbung und Anreize, um die Nutzung zu steigern. Werner lobte zwar den Einsatz der Verwaltung, warnte aber davor, mit der Reduzierung Fakten zu schaffen, die später nicht mehr rückgängig zu machen seien. Er verwies darauf, dass andere freiwillige Leistungen ebenfalls hohe Kosten verursachten.
Einordnung
Mit der Ablehnung sowohl der Verwaltungsvorlage als auch des SPD-Änderungsantrags bleibt die künftige Betriebskonzeption für das Hallenbad Nellingen zunächst offen. Damit gelten bis auf Weiteres die bisherigen Regelungen – auch die derzeitigen Öffnungszeiten bleiben unverändert. Eine neue Vorlage wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2026 erneut auf die Tagesordnung kommen. Klar ist: Der politische Konsens über den Spagat zwischen Haushaltsdisziplin und öffentlicher Daseinsvorsorge ist in Ostfildern noch nicht gefunden.