Donnerstag, Oktober 10, 2024
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Ein Balanceakt zwischen Pflichtaufgaben und Bürgerbeteiligung

Bebauungsplan für Notunterkunft Wittumäcker / Drosselweg

Am vergangenen Mittwoch, den 15. Mai, diskutierte der Gemeinderat über einen Bebauungsplan in Scharnhausen, der die Unterbringung von Flüchtlingen und Menschen in Wohnungsnot ermöglichen soll. (Wir berichteten, siehe unten.) Die Unterkunft soll auf einer Spielwiese im Bereich Wittumäcker-Drosselweg entstehen. Viele Anwohner und Bürgerinnen und Bürger aus Scharnhausen waren zur Gemeinderatssitzung gekommen, in der Hoffnung, ihre Meinung in der Fragestunde der Bürgerschaft äußern zu können. Dies ist jedoch formell nicht möglich, da die Gemeindeordnung dies für Fragestunden in Gemeinderatssitzungen nicht vorsieht.

Oberbürgermeister Bolay wies zu Beginn der Sitzung darauf hin, was zu Unmut führte, da viele Bürgerinnen und Bürger ihre Bedenken äußern wollten. Er erklärte jedoch, dass der Beschluss, der auf der Tagesordnung stand, notwendig sei, um die formelle Bürgerbeteiligung zu ermöglichen. Bolay lud gleichzeitig zu einer Informationsveranstaltung am 27. Juni ein, bei der die Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung einbringen können. Auch die Stadträte sahen sich im Dilemma der Pflichtaufgaben einer Kommune, die vom Bund, Land und Kreis an die Kommunen weitergegeben werden, und einem Balanceakt zwischen dem Mitspracherecht, einer Einbindung und Information von Bürgerinnen und Bürger.

Bündnis 90/Die Grünen: Oliver Werner

Oliver Werner von den Grünen hob die Verpflichtung der Stadt hervor, Schutzsuchende unterzubringen: “Asyl ist ein Menschenrecht.” Er betonte die Vorteile der dezentralen Unterbringung und verwies auf positive Erfahrungen in der Jahnstraße in Scharnhausen. Werner plädierte für eine hochwertige Bauweise, um eine gute Integration in die Nachbarschaft zu ermöglichen und sprach sich ebenfalls für den Beschluss aus.

CDU Ostfildern: Uwe Stahlmann

Uwe Stahlmann von der CDU erklärte, dass die Unterbringung von Flüchtlingen eine Pflichtaufgabe der Stadt sei: “Wir sind zur Umsetzung verpflichtet.” Die Stadt habe sich bemüht, geeignete Gebäude für die Anschlussunterbringung zu finden, aber die Kapazitäten reichten nicht aus. Daher sei der Standort Wittumäcker/Drosselweg als barrierefreie Wohnbebauung vorgesehen. Die Sorgen der Anwohner seien nachvollziehbar, doch die öffentliche Beteiligung sei im formellen Beteiligungsverfahren vorgesehen. Stahlmann kritisierte, dass die Betroffenen nicht vorab informiert wurden und forderte eine bessere Kommunikation seitens der Stadtverwaltung.

Die Linke: Jutta Zwaschka

Jutta Zwaschka von der Linken erläuterte die gesetzlichen Vorgaben zur Zuweisung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern. Sie betonte den Mangel an bezahlbarem Wohnraum und überlasteten öffentlichen Einrichtungen in Ostfildern: “Die Stadt Ostfildern muss folglich Unterkünfte anbieten und da die Zeit drängt, geht es am schnellsten, wenn ein eigenes Grundstück bebaut werden kann.” Die Linke forderte mehr Unterstützung von der Bundesregierung und stimmte dem Beschluss zu, um eine schnelle Lösung zu ermöglichen.

Freie Wähler: Dr. Steffen Kaiser

Dr. Steffen Kaiser von den Freien Wählern betonte die Dringlichkeit der Lage: “Nun zwingen uns die neuen Zahlen unterzubringender Menschen zum Handeln. Bund, Länder und Landkreis reichen die Aufgabe durch. Am Ende dieser Kette stehen die Kommunen.” Er wies darauf hin, dass die Verwaltung und der Gemeinderat trotz knapper Finanzmittel gezwungen sind, schnelle Lösungen für die Unterbringung von Flüchtlingen zu finden, was in der Bevölkerung oft Unverständnis hervorrufe. Ostfildern strebt eine dezentrale Unterbringung an, auch die Nutzung von Sporthallen und öffentlichen Gebäuden wolle man vermeiden. Freie Bauflächen sind knapp, und der Standort Wittumäcker in Scharnhausen wurde als geeignet angesehen, was bei den Anwohnern jedoch auf Widerstand stößt. Dr. Kaiser betonte die Notwendigkeit einer sachlichen Diskussion und die Wichtigkeit öffentlicher Beteiligung.

SPD Ostfildern: Martina Sandhorst-Schäfer

Martina Sandhorst-Schäfer von der SPD räumte ein, dass es sich um eine schwierige Entscheidung handle, die nicht bei allen Anwohnern auf Zustimmung stoße: “Es ist schon eine erhebliche Veränderung des Wohn- und Lebensumfeldes, wenn auf einer Spielwiese eine Unterkunft für Wohnsitzlose und Flüchtlinge beabsichtigt ist.” Dennoch bestehe ein dringender Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten. Die SPD stimmte dem Beschluss zu, da die öffentliche Beteiligung gemäß § 3 BauGB vorgesehen sei und die betroffenen Behörden eingebunden würden.

Insgesamt wurde der Beschluss mit großer Mehrheit angenommen, um die formelle Bürgerbeteiligung zu ermöglichen. Am 27. Juni sind alle Bürgerinnen und Bürger zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, um sich weiter über das Vorhaben zu informieren und ihre Meinung einzubringen.

Jan Weiss
Author: Jan Weiss



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