Am Donnerstag, den 27. Juni, fand ab 18 Uhr im evangelischen Gemeindehaus in der Nürtinger Straße 5/1 in Scharnhausen eine Informationsveranstaltung zum Bebauungsplanverfahren „Wittumäcker/Drosselweg“ statt. Diese Veranstaltung markierte den Beginn eines umfangreichen Bebauungsplanverfahrens und wurde im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Ziel ist es, Planungsrecht zu schaffen und die Rahmenbedingungen für eine zukünftige Bebauung festzulegen.
Im Mai beschloss der Gemeinderat die Aufstellung des Bebauungsplans „Wittumäcker/Drosselweg“, um dem steigenden Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge gerecht zu werden. Angesichts der kontinuierlich wachsenden Zahl von zugewiesenen Flüchtlingen ist die Schaffung von Anschlussunterbringungen eine kommunale Pflichtaufgabe. Die neuen Unterkünfte sollen speziell auf Familien und Menschen mit körperlichen Einschränkungen zugeschnitten sein und als dauerhafte Wohnlösung dienen, nicht als temporäre Containerlösung.
Die Städtischen Obdachlosenunterkünfte
Die Stadt hat ein umfassendes Netzwerk an Unterkünften für Obdachlose aufgebaut, das über mehr als 800 Plätze in Einzelcontainern, angemieteten Wohnungen und städtischen Neubauten verfügt. Diese sind auf über 60 Standorte im gesamten Stadtgebiet verteilt. Die Unterkünfte reichen von Abbruchimmobilien über Wohnungen mit normalem Wohnbaustandard. Die größte Einheit besteht aus drei Gebäuden mit 36 Zwei- und Dreizimmerwohnungen, die insgesamt 100 Personen Platz bieten. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person beträgt weniger als 15 Quadratmeter.
Aktuelle Platzzahlen in den Stadtteilen
Die Verteilung der Plätze auf die verschiedenen Stadtteile sieht wie folgt aus: In Ruit gibt es 167 Plätze, in Nellingen 249 Plätze, plus 120 Plätze in einer Kreisunterkunft, in Scharnhausen 65 Plätze, wobei 24 davon Interimsplätze im ehemaligen Gemeindehaus sind. Kemnat verfügt über 159 Plätze, Scharnhauser Park über 113 und die Parksiedlung über 64 Plätze.
Die Bewohner:innen der städtischen Unterkünfte
Zum Stichtag 31. Dezember 2023 lebten 675 Menschen in den städtischen Unterkünften. Davon sind 20% Wohnungsnotfälle, 30% Flüchtlinge aus der Ukraine und 50% Geflüchtete in der Anschlussunterbringung. In den 124 untergebrachten Familien lebten insgesamt 262 Kinder, wobei 35 der Familien drei oder mehr Kinder haben. Die durchschnittliche Verweildauer der Bewohner*innen liegt bei vier Jahren.
Weitere Entwicklungen
Aufgrund der akuten Wohnungsknappheit ist nicht mit einer großen Zahl von Abgängen zu rechnen, insbesondere Familien mit mehreren Kindern finden keine geeigneten und bezahlbaren Wohnungen. Die Aufnahmeverpflichtung (FlüAG) für 2024 beträgt 177 klassische Flüchtlinge und 66 Ukraineflüchtlinge. Bislang konnten 106 Personen aufgenommen werden. Spätestens Ende des Jahres werden alle derzeit verfügbaren Kapazitäten ausgeschöpft sein.
Planentwurf Bebauungsplan Wittumäcker/Drosselweg
Für den neuen Bebauungsplan Wittumäcker/Drosselweg gelten bestimmte Standortkriterien: Größe, Verfügbarkeit, im bestehenden Siedlungsraum (Innenentwicklung) und der Gebietscharakter Wohnen. Das Gelände Wittumäcker/Drosselweg ist ideal, weil es sich im städtischen Eigentum befindet, ca. 4990 Quadratmeter umfasst, eine Grünfläche (Spielwiese) ist, sich in einem noch integrierten Bereich befindet, eine gute ÖPNV-Anbindung und eine nahe Nahversorgung bietet.
Öffentliche Diskussion und Zukunftspläne
In der öffentlichen Diskussion wurde die moralische und gesellschaftliche Pflicht betont, Flüchtlinge aufzunehmen und eine dezentrale Unterbringung sicherzustellen. Dabei wurde hervorgehoben, dass nicht alle Flüchtlinge an einem Ort untergebracht werden sollten, sondern eine Verteilung auf verschiedene Standorte notwendig ist. Frühestens 2029 sollen die ersten Bewohner*innen des neuen Gebiets einziehen können.
Mehrere Bürger*innen wiesen darauf hin, dass die Fläche als Integrations- und Spielfläche diente und ohne Alternativangebote diese Nutzung gefährdet sei. Eine Planung ohne Alternativangebot für die Kinder, sei zu vermeiden, denn auch deren Bedürfnisse und die aller Beteiligten wären mitzubedenken. Die Stadt betonte, dass diese Anmerkungen protokolliert und sachlich geprüft werden, um in die Planungen einfließen zu können. Das Beteiligungsportal bietet die Möglichkeit, bis zum 18. Juli 2024 Stellungnahmen abzugeben.
Es wurde klargestellt, dass die Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge eine dauerhafte Aufgabe bleibt und dass die aktuellen Entwicklungen schwer vorhersehbar sind. Prognosen über die Weltpolitik in zwei oder drei Jahren sind schwierig. Die Planungen werden langfristig angelegt und die Stadt wird alle Rückmeldungen der Bevölkerung berücksichtigen, um einen offenen Dialog über dieses städtische Entwicklungsprojekt zu ermöglichen.